Kennt ihr noch Herrmann? Das war ein Kuchen der in meiner Kindheit in den 90zigern immer weitergegeben wurde. Den Kuchen aus Weizen-Sauerteig gab es ganz oft bei meiner Freundin damals. Und jetzt gibt’s wieder so ein Ding bei mir, Knut mein Sauerteig.  Den habe ich von einer Kollegin bekommen. Die ist in der Corona-Zeit nämlich unter die Brotbäckerinnen gegangen und hat ihr Sauerteigglück mit mir geteilt. Nun wohnt Knut bei mir im Kühlschrank! Und auch wenn ich es schon ziemlich aufwendig finde, ist der Geschmack wirklich fabelhaft. Und in Zeiten von Hefe-Armut in deutschen Haushalten ein kleiner Schatz, oder?

Zur Erst- und Grundausstattung braucht ihr für das Sauerteigbrot: ein Gärkörbchen und Sauerteigstarter. Und viel Zeit. Dann kann es schon losgehen. Das Anstellgut kann man, wenn man es nicht weitergegeben bekommt auch kaufen oder aber selber ansetzen. Dafür braucht man jedoch ein paar Tage Zeit.

Für ein paar Tipps zum Start habe ich mir eine selfmade Sauerteig-Expertin eingeladen, von der ich meinen Sauerteig-Starter bekommen habe. Caro. Sie hat nicht nur ein Brot mitgebracht, sondern auch ein paar hilfreiche Tipps.

Caro ist ein absoluter Foodie. Sie kocht leidenschaftlich gerne und spinnt immer mal wieder mit ihrer Freundin Restaurant oder Gastronomie-Ideen. Ein gut gelungenes Sauerteigbrot rettet bei ihr auch schlechte Tage.

Hey Caro, schön dass du heute deine Erfahrung mit uns teilst. Wie bist du auf den Sauerteig gekommen?

Vielen Dank, dass du nach gerade mal etwa 30 Versuchen schon nach meinen Erfahrungen fragst. 😉 Wie bin ich zum Backen gekommen? Im Sommer hatte ich eine Verletzung am Fuß und konnte keinen Sport mehr machen, meine sonst durch Laufen, Radfahren und Schwimmen gefüllte Freizeit war unverplant – ein neues Projekt musste also her. Und so habe ich von einer Freundin, die mich seit Wochen schon bearbeitet hat „es mal zu versuchen“ feierlich einen Sauerteig übergeben bekommen und bin seitdem Teil der Community.

Seit Anfang Juli backst du regelmäßig Sauerteig Brot. Was sind deine drei wichtigsten Tipps für Sauerteig-Neulinge?
Üben, üben, üben und den Mut nicht verlieren, dass mit jedem Versuch das Brot ein bisschen besser wird. Gefühlt habe ich gar nicht so viel verändert seit dem ersten Backen, aber trotzdem wurden die Brote von mal zu mal besser. Zum Start sollte man sich aber am besten ein ganz einfaches Mischbrot vornehmen und erst nach einer Weile anfangen, zu experimentieren. Je glutenhaltiger das Mehl ist, desto leichter lässt sich daraus ein formschönes Brot backen.

Was kann denn beim Sauerteig schief gehen und wie kann man ihn noch retten?

Sauerteig braucht Zeit. Die einzelnen Schritte sollten nicht verkürzt werden. Vor allem nicht, wenn man ganz auf Hefe verzichtet. Sonst wird aus dem Brot schnell ein fester Fladen, der dann auch nicht mehr zu retten ist. Und neben der Zeit sollte man unbedingt beachten, dass man den Teig nicht zu grob behandelt, zu doll knetet, ohne Geduld schnell aus der Schüssel schabt usw. So entweicht die ganze Luft, die sich während der Gärung gebildet hat, und die später für die Luftigkeit des Brots sorgt.

Die Zubereitung ist sehr zeitaufwendig. Was hat dir geholfen dran zu bleiben? Was hat dich überzeugt?

Es schmeckt einfach so viel besser. Ein ganz frisches, noch warmes Brot mit ordentlich Butter macht mich glücklich. Und auch der Prozess dorthin zu kommen, entspannt mich: Teig kneten und dann später aufgehen zu sehen hat für mich etwas meditatives. Außerdem ist da ja immer ein Starter im Kühlschrank, der dich anschaut, wenn du ihn öffnest. Den „sterben“ zu lassen, habe ich bisher nicht übers Herz gebracht. 😉

Viele machen aus der Gestaltung des Brotlaibs eine wahre Kunst. Wie ist das bei dir?

Ich selbst finde die Krume zwar auch mit am besten, mache aber nicht so ein Kunst daraus. Bei mir gibt’s entweder das klassische Kreuz in der Mitte, ein Ohr oder ohne einschneiden, eine von selbst aufgeplatzte Krume. Meine absolute Favoritin ist „asourstory“, die macht richtige Kunstwerke.

Welche Bäcker inspirieren dich beim Brot-Backen am meisten?

Bevor ich angefangen habe, selbst Brot zu backen, habe ich immer in Hamburg bei Gaues mein Brot gekauft. Das hat riiiiesige Luftblasen, ist an der Grenze zu verbrannt und wird mit viel Altbrot zubereitet, sodass jedes Brot ein bisschen anders schmeckt – mal nach Kümmel, mal ein bisschen süß, je nachdem welches Altbrot verarbeitet wurde. Das inspiriert mich. Mein Ziel ist es immer, ein ähnliches Brot zu backen. Und das nächste Brot ist gerade in der Mache: Da ich unter der Woche selten Zeit für Experimente habe, wird es ein klassisches Mischbrot. Allerdings mit Altbrot, das ich eingeweicht habe und dann zum Hauptteig einfach dazugegeben habe. Das intensiviert den Geschmack.

Die Grundausstattung

  • Rührschüssel, die abgedeckt werden kann
  • Weck oder Joghurtglas mit Deckel
  • Gärkörbchen und ein sauberes, großes Küchentuch oder ein Gärtuch
  • Rührgerät oder Küchenmaschine
  • kleines Glas mit Schraubverschluss für den Sauerteig-Starter
  • Cutter-Messer

Die Zutaten für ein Sauerteig Brot

  • 330 g Roggenmehl Typ 1150
  • 300 g Weizenmehl Typ 550
  • 60 g Sauerteig Anstellgut
  • 20 g Salz
  • 480 g Wasser (Zimmertemperatur)

Vorschlag zur Zeitplanung

Tag 1: 10 Uhr Sauerteig ansetzen und um 16 Uhr den Hauptteig herstellen
Tag 2: 17 Uhr Brot falten und ins Gärkörbchen geben, ca. 19:50 Backofen vorheizen und um 20 Uhr backen

Im Teig laufen viele biochemische Prozesse ab, die das Aroma das Brotes bilden, deshalb ist das folgende stufenweise Vorgehen wichtig.

1. Teigstufe – Vorteig mit Anstellgut

60 g Sauerteig (Anstellgut/Starter/ alter Sauerteig)
100 g Wasser
100 g Roggenmehl

Sauerteigstarter, Wasser und Roggenmehl in einer kleinen Schüssel mit einem Schneebesen oder einem Handrührgerät verrühren, in ein großes Weck- oder Joghurtglas füllen. Abdecken, aber den Deckel nur auflegen und bei Zimmertemperatur gehen lassen bis sich der Ansatz etwa verdoppelt hat. Das dauert ca. 6 Stunden.

2. Teigstufe – Hauptteig

350 g Wasser
300 g Weizenmehl
200 g Roggenmehl
200 g Sauerteig
20 g Salz

Alle Zutaten verrühren, bis ein klebriger Teig entsteht. Den Sauerteig für 30 Minuten abgedeckt stehen lassen.

Den restlichen Sauerteigstarter (ca. 1-2 EL) mit 30 g Roggenmehl und 30 g Wasser verrühren und dann gut verschlossen in den Kühlschrank stellen – bis zum nächsten Brot. Wenn man einmal die Woche ein Sauerteig-Brot backt, muss nichts weiter machen, nur immer wieder den Rest ansetzen. Sonst: Immer wieder die Hälfte wegschütten und den Sauerteig auffrischen mit 30 g Roggenmehl und 30 g Wasser.

Den Teig nun “dehnen und falten”, kein klassisches Kneten! Dafür die Arbeitsfläche und Finger ordentlich befeuchten und den Teig zu einem rechteckigen „Tuch“ dehnen, einschlagen wie ein Tuch und einrollen. Wieder etwa 30 Minuten gehen lassen. Danach den Prozess wiederholen. Anschließend 24 Std. luftdicht im Kühlschrank gehen lassen. Bei der Fermentation werden über 300 Aromastoffe gebildet, die für den besonders aromatischen Geschmack sorgen. Milch- und Essigsäurebakterien sowie jede Menge wilde Hefen im Sauerteig sorgen für den Backtrieb.

3. Teigstufe – Gehen lassen und formen

Am nächsten Abend formst du mit etwas Mehl auf der Arbeitsfläche eine schöne Kugel: Alle Ecken des Teigs in die Mitte falten und zu einer Kugel formen. Nochmal mindestens 3 Std. im bemehlten Gärkörbchen bei Zimmertemperatur gehen lassen, besser über Nacht.

Backen

Dann den Backofen auf 260 Grad heizen, ein 2. Backblech auf der untersten Schiene mit aufheizen. Das Brot aus dem Gärkörbchen auf ein Backpapier stürzen und “einschießen”, wie ein Bäcker sagen würde. Und unmittelbar bevor es in den Ofen kommt einschneiden. 50 g Wasser auf das untere Blech schütten. Das Brot auf einem Blech auf der mittleren Schiene ca. 45 Min backen, nach 10-15 Minuten Temperatur auch 230 Grad reduzieren. Die Backzeit kann je nach Ofen leicht variieren. Das Brot ist fertig, wenn es beim Klopfen auf die Unterseite hohl klingt. Sauerteigbrot vor dem Anschneiden gut auskühlen lassen.

Das Sauerteigbrot hat eine dicke, aromatische Kruste und ist innen feinporig und saftig.

Lagerung im Kühlschrank

Wenn du etwa alle 7-14 Tage ein Sauerteig Brot backst, kannst du dein Anstellgut verschlossen im Gemüsefach deines Kühlschranks aufbewahren. Die Fermentation wird so stark verlangsamt. Einmal in der Woche solltest du den Sauerteig füttern. Bei richtiger Pflege und Fütterung ist der Sauerteig-Starter jahrelang nutzbar.

Haltbarkeit

In einem Brotkasten ca. 3-4 Tage und tiefgekühlt in einem Gefrierbeutel ca. 2 Monate

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